Aufrechter Gang

 Aufrechter Gang

von
Gerd Koch

Notwendigkeit des Rechtsdenkens

  • NW = Naturrecht und menschliche Würde
  • PH = Prinzip Hoffnung
Das Telos vom "aufrechten Gang" bezieht sich auf "Naturrecht und menschliche Würde". Bloch argumentiert juristisch, rechtsphilosophisch und -geschichtlich und erinnert damit an das "richtige Recht im Unterschied zum geschriebenen Recht" (Ernst Bloch im Gespräch mit José Marchand 1974, in: Arno Münster (Hrsg.), Tagträume vom aufrechten Gang, Frankfurt am Main 1977, S. 85.) Er weist auf die Notwendigkeit des Rechtsdenkens, der Übernahme von Recht in menschliche Hände hin, ohne die Würde und Stolz in der Tat bloße Appelle und Halbheiten bleiben.

Bloch über den aufrechten Gang

  • TE = Tübinger Einleitung in die Philosophie

"Der Zielinhalt, das Zielbild im Naturrecht ist nicht das menschliche Glück (wie in den Sozialutopien; der Verfasser), sondern aufrechter Gang, menschliche Würde, Orthopädie des aufrechten Gangs, also kein gekrümmter Rücken vor Königsthronen usw., sondern Entdeckung der menschlichen Würde, die eben gleichwohl zum großen Teil nicht aus den Verhältnissen abgeleitet wird, denen man sich anpaßt, sondern (...) von dem neuen, stolzen Begriff des Menschen als einem nicht kriecherischen, reptilhaften, vielmehr einem mit hoch erhobenem Kopf, was uns verpflichtet und uns vor den Tieren auszeichnet und unterscheidet." (Ebd. 83)

norma agendi und facultas agendi In der Naturrechtsdiskussion geht es um "die Unterscheidung der 'norma agendi' und der 'facultas agendi': Das vorhandene Recht ist wesentlich das von der Obrigkeit gesetzte Recht, eine von oben herab gesetzte 'norma agendi', nach der bei Strafe des Untergangs gehandelt werden muss. Sie erscheint hauptsächlich im Strafrecht, aber auch im Zivilrecht, wo das Eigentum geschützt wird (hierin ein Freiheitsrecht, der Verfasser). Ganz verschieden davon die 'facultas agendi', nämlich die Fähigkeit zu handeln: also Koalitionsrecht, Streikrecht, Recht auf etwas von der 'norma agendi', in der nur das als Recht gilt, was nicht verboten ist (und das ist sehr wenig), total Unterschiedliches" (Ebd. 83) Recht ist hier demnach nicht allein auf Herrschaft bezogen, sondern aufs Soziale, auf die gelingende Verkehrsform, auf Solidarität, Brüderlichkeit, Würde und Recht als Bedingung der Möglichkeit zu handeln, zu wählen; als Chance der Herausbringung "subjektive(r) Rechte in Totalität (NW 227) - gegen eine Omnipotenz des Objektiven und seiner Agenten; für die Entfaltung des subjektiven Faktors (PH 167ff, 314) für das Schaffen von Willens- und Handlungsfähigkeiten.
Methode haben Mit Bochschen Ideen lassen sich gesellschaftspädagogische Aktivitäten (neu) entwickeln oder schon bestehende genauer (konkret-utopisch) fassen, so dass pädagogische Versuchsanordnungen entstehen, die die Blochschen Wege des praxisphilosophischen Erkennens zu beschreiten und Niederlagen vermeiden helfen. Niederlagen werden als negatives Gegenbild zum aufrechten Gehen verstanden. Gegen sie gilt es die entsprechenden Methoden einzusetzen: "Methode haben", sagt Bloch, "heißt mit dem Weg der Sache gehen, und der Weg der Sache verlangt universitas, genetische gegliederte Totalität des Blicks. Steht doch das Totum selber, jenes Ganze, das wirklich die Wahrheit wäre, erst sehr latenzhaft im Begriffe, hier zu sein, im realutopischen Begriff" (TE 61).